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Bauchtanz, Kunst und kühles Pils: Die Lutherkirche verwandelte sich in die "Kultur Kirche Köln".

Von Tobias Christ
Kölner Stadtanzeiger vom 24.9.2002

Nippes "Echt gut gemacht", staunte Desiree als sie den Kirchenraum betrat. Noch nie hat sie ein solches Gotteshaus gesehen. In einer Ecke warfen Kerzen schummriges Licht auf Frauenskulpturen des Künstlers Odo Rumpf. Spirituelle Klänge wie aus einer anderen Welt waberten durch den neugotischen Raum. Im Gewölbe über der Kanzel wurden mit einem Projektor einzelne, kryptische Sätze an die Wand geworfen: "Du bist, alle Zeichen verachtend, zu dem ohne Zeichen gegangen", steht dort etwa zu lesen.

An diesem Abend wurde kein Pastor gebraucht, um solche Aussagen auszulegen. Auf Kunst muss sich der Betrachter eben selbst seinen Reim machen. Deshalb brauchte Thomas Diederichs, Pfarrer der evangelischen Lutherkirche und Initiator dieser ersten Kulturnacht, nicht auf der Kanzel zu stehen. Statt dessen mischte er sich unter die Gäste. Der 42-Jährige gab zu verstehen, dass "Events" wie diese nicht der Würde eines solchen Hauses widersprechen. Kirche sei schließlich immer schon ein Veranstaltungsort gewesen. Und Mitorganisatorin Susanne Hartmann hält außergewöhnliche Methoden für nötig, um die Menschen künftig stärker für die Kirche zu begeistern:

"Die Gemeinden müssen sich heute etwas einfallen lassen, um attraktiv zu sein. Sonst ist in zehn Jahren keiner mehr da."

Das Lockmittel sollen einmal monatlich stattfindende Kultunächte ohne religiösen Anstrich sein. Geboten wird Kunst und Kultur jeglicher Art. Die erste derartige Nacht war ein voller Erfolg. Rund 350 Gäste ließen sich beeindrucken zum Beispiel von den musikalischen Darbietungen. Die fünf A - cappella - Sänger von "Basta" traten auf, und die "Schäl Sick Brass Band" bestritt einen ekstatischen Auftritt mit Bauchtänzerin "Hayat". Die witzigen Projektionen von Videokünstler "Sehvermögen" gaben diesen Darbietungen einen besonderen Reiz. Wegen "Basta" war auch Desiree gekommen.

Dass die Comedy - Combo in einem Gotteshaus spielte, störte die 20-Jährige keineswegs: "Auf diese Weise kommt man doch mal in die Kirche", sagte sie. Eine besondere Premiere erlebte an diesem Abend die 52-jährige Juliane Poloczek: "Ich trinke zum ersten Mal Bier in einer Kirche." Solch irdische Genüsse werden aber auch künftig die Ausnahme bleiben. Diederichs: "An Sonntagen findet natürlich weiterhin der Gottesdienst statt."

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